Hier setzt der gemeinnützige Verein „Pro Uganda e. V.“ an: Seit der Gründung 2013 ist es das Ziel, amputierten Menschen in Uganda durch eine Prothese wieder neue Lebensqualität zu schenken und Kindern durch die individuelle Anfertigung von Orthesen wieder das Laufen zu ermöglichen. Die Arbeit des Vereins führt Menschen auf einen Weg raus aus der Isolation und in die gesellschaftliche Normalität zurück.
Die Karl Bröcker Stiftung unterstützt Pro Uganda e. V. finanziell dabei, Kinder und Jugendliche mit Orthesen zu versorgen. Sie weiß, dass Kinder es verdient haben, zu toben, zu laufen und mit Altersgenossen frei und ohne Einschränkungen glücklich spielen zu können.
Im Interview mit Karsten Schulz, Gründer und Vorstand von Pro Uganda e. V., gewinnen wir mehr Einblicke in die Arbeit des Vereins und erfahren, wie man mit vergleichsweise einfachen Mitteln einen wertvollen Beitrag zur Inklusion leisten kann.
Orthopädietechnik wird in der gesamten Welt gebraucht. Wieso fokussieren Sie sich mit Ihrem Verein auf Uganda?
Ich habe Patenkinder bei verschiedenen Hilfswerken in Uganda und wurde eingeladen, diese zu besuchen. Vor Ort habe ich die Situation von Menschen mit Handicap persönlich kennengelernt – das hat mich zutiefst bewegt. In Uganda gibt es Projekte, bei denen Schulen gebaut und Brunnen gebohrt werden. Aber für Menschen mit Handicap wurde so gut wie nichts gemacht. Sie werden meistens ausgegrenzt, an den Rand der Gesellschaft gedrängt, da niemand mit ihnen etwas zu tun haben möchte. Dieses Schicksal hat mich sehr traurig gemacht – deshalb habe ich Pro Uganda e. V. 2013 gegründet.

Ivan erhielt dank der Arbeit von Pro Uganda e. V. seine erste Prothese, durch die er wieder laufen und zur Schule gehen kann.
Eine Orthese ist ein medizinisches Hilfsmittel, das die strukturellen und funktionellen Eigenschaften des neuromuskulären und skelettalen Systems beeinflusst. Das Team von Pro Uganda e. V. passt jede Orthese genau an die Bedürfnisse der kleinen Patienten an.
Die Ursachen für die hohe Amputationsrate in Entwicklungsländern wie Uganda sind vielseitig. Was sind die häufigsten Gründe?
Eine Hauptursache für Amputationen sind Unfälle mit kleinen Mopeds – auch „Boda Boda“ genannt. Nach den Unfällen fehlt es teilweise an einer ordentlichen, medizinischen Versorgung, weshalb Infektionen eintreten. Mittlerweile ist aber auch Diabetes ein echtes Problem.
Patienten haben leider häufig kein Geld, um sich behandeln oder operieren zu lassen. Deshalb wird nur in seltenen Fällen eine kostenintensive, schwierige Operation durchgeführt und sofort amputiert. Nach so einem schwerwiegenden Eingriff müssen Patienten das Krankhaus bereits nach drei Tagen wieder verlassen, was eine angemessene Wundversorgung sehr erschwert.

Fehlstellungen der Füße sind in Uganda ein verbreitetes Problem.
Werden sie nicht rechtzeitig durch Orthesen korrigiert, können die Fehlstellungen langfristig dazu führen, dass die Menschen nicht mehr laufen können.
Durch die Unterstützung mit Orthesen können die kleinen Patienten wieder aktiv am Leben teilnehmen und zur Schule gehen.
Kinder mit körperlichen Einschränkungen haben in Uganda nur selten den Zugang zu Prothesen und Orthesen. Die Kosten dafür sind sehr hoch und liegen oft außerhalb der finanziellen Möglichkeiten der Familien. Wie helfen Sie mit Ihrem Verein vor Ort?
Kinder mit körperlichen Einschränkungen liegen uns ganz besonders am Herzen. Sie sind unschuldig und haben ihr Handicap nicht selbst zu verantworten. Aus den gesammelten Spendengeldern finanzieren wir Operationen, aber auch Korrekturen. Wir bauen für sie individuell angefertigte Prothesen oder auch Orthesen. 2017 haben wir unsere eigene Orthopädiewerkstatt in Uganda eröffnet, wo wir mit modernen Mitteln und Maschinen die Patientenversorgung sichern können. Seit der Eröffnung haben wir vor Ort schon sehr vielen kleinen Patienten helfen können. Mit neuen Gliedmaßen oder durch die Unterstützung durch eine Orthese können sie wieder am Leben teilnehmen, spielen und zur Schule gehen.
Ein Beispiel, was für mich bis heute sehr prägend war, war ein Junge, der sich von Herzen gefreut hat, wieder gehen zu können, weil er sich nun mit seinen Freunden das Essen wieder alleine auf einem Tablett holen kann. Er strahlte über das ganze Gesicht, als er sein Tablett das erste Mal wieder alleine trug. Für uns ist es normal, ein Tablett zu tragen – eine Handlung, die nebenbei, ganz automatisch passiert. Für ihn war es ein unglaublich wichtiger Schritt für seine zurückgewonnene Eigenständigkeit.
Die Karl Bröcker Stiftung hat Pro Uganda e.V. finanziell dabei unterstützt, Kinder und Jugendliche mit Orthesen zu versorgen. Welche Maßnahmen konnten Sie durch das Geld finanzieren?
Mit der Spende der Karl Bröcker Stiftung konnten wir bis zu 100 Kindern eine Orthese bauen. Die Kinder wurden teilweise vorher mit Mitteln aus unserem medizinischen Fond operiert. Sie litten unter anderem unter einem sogenannten Klumpfuß. Wenn hier nicht die Entwicklung des Fußes aufgehalten wird, kann es später dazu führen, dass sie im Erwachsenenalter nicht mehr laufen können. Deshalb ist eine frühe orthopädische Versorgung von größter Bedeutung. Für diese finanzielle Unterstützung sagen wir von ganzem Herzen: „Danke!“

Und eine persönliche Frage zum Schluss: Gibt es ein Erlebnis oder eine Geschichte, die Sie nachhaltig beeindruckt hat und täglich motiviert, mit Ihrer Arbeit weiterzumachen?
Ja, es gab ein Erlebnis, das meine Sichtweise nachhaltig verändert hat. Am Anfang haben wir Prothesen im Busch aus dem Koffer gebaut. Unsere erste Patientin Stella ist ins Feuer geschubst worden und ihr Unterschenkel ist verbrannt angewachsen. Wir haben ihr eine Stehprothese gebaut, mit der man normal nur stehen kann. Sie ist aber mit dieser Prothese losgelaufen. Dieses Erlebnis hat uns alle motiviert.
Stella hat am Ende doch noch eine Amputation durchführen lassen müssen. Sie hat trotz Einschränkungen eine Berufsausbildung gemacht und führt jetzt ihren eigenen Friseursalon im Osten von Uganda.
Auch heute, nach über zehn Jahren, ist jeder Aufenthalt in Uganda von großer Bedeutung. Wenn man sieht, was aus der ganzen Arbeit in Deutschland vor Ort umgesetzt wird – wenn Menschen mit Prothese aus der Werkstatt gehen, Kinder mit Prothese oder Orthese im Innenhof Fußball spielen – dann sind das die glücklichsten Momente, die man sich vorstellen kann. Dann wissen wir, wofür wir das Ganze machen.
Sie wollen mehr über das Projekt erfahren?

Sulaimani erfuhr 2015 von Bekannten vom Verein Pro Uganda. Er stellte sich dem Team vor und erhielt Ostern 2016 eine neue Prothese von Karsten Schulz, Gründer von Pro Uganda e. V. Damals arbeitete das Team noch mobil und baute die Prothesen vor Ort. Für Werkzeug und Material hatte es lediglich einen Koffer.
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